Die Kirche St. Martin in Poppenhausen

Die älteste Dorfkirche

Der Methusalem unter den Wittighäuser Sakralbauten ist die im romanischen Stil errichtete Martinskirche. In ihren ältesten Teilen stammt sie aus dem Hochmittelalter. Der Glockenturm wurde im 11. oder 12. Jahrhundert erbaut, Turm und Langhaus der Chorturmkirche aus heimischem Muschelkalk stammen wohl aus der gleichen Zeit. Lange diente St. Martin, als Wehrkirche konzipiert, nicht nur für Gottesdienste, sondern den Bewohnern des Ortes auch als Zufluchtsstätte in Kriegszeiten.  Darauf deuten noch heute der wuchtige Kirchturm und die auf alten Fotos erkennbare Befestigung der Kirche durch zwei in der Höhe gestaffelte Mauern hin.

Kirchlich und politisch gehörte Poppenhausen jahrhundertelang zum Fürstbistum Mainz und war das östlichst gelegene Dorf des Mainzer Erzbistums. In dieser Zeit erfuhr die Kirche viele Erneuerungen. Erste größere Renovierunsarbeiten sind in schriftlichen Zeugnissen des 16. Jahrhunderts belegt. So beschreibt der damalige Pfarrer Michael Klein unter anderem den baufälligen Kirchturm und bittet das Stiftskapitel in Aschaffenburg um finanzielle Hilfe. Die Jahreszahl 1577 über dem Portal zur Sakristei verweist auf den Beginn dieser Arbeiten, bei denen man den Turmhelm um einige Meter erhöhte. Auch aus späteren Jahrhunderten erfahren wir aus Quellen, wie die Poppenhäuser sparten, Naturalien tauschten und viel Eigenarbeit in ihre Kirche steckten. Die wohl einschneidenste Veränderung erfuhr die Kirche in den 20er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts: Durch einen Anbau zur Südseite hin wurde ein neuer Chorraum geschaffen. Die Vorgeschichte begann 1901 mit der Gründung eines Kirchenbauvereins. Jahre zuvor hatte man über eine Vergrößerung von Kirche und Sakristei nachgedacht. Die Poppenhäuser sammelten Geld, um die erforderlichen Eigenleistungen erbringen zu können. Bis 1906 hatten die Dorfbewohner ein Guthaben von 11360 Goldmark angespart. Der Umbau begann schließlich, nachdem man mit einem Nachbarn und dem Denkmalschutz einig war, nach dem Ende des Ersten Weltkriegs im Jahr 1920. Große Teile der alten Kirche wurden abgebrochen.

Beim Aushub des Sakristeikellers drohte der Turm einzufallen, er musste durch Schrauben geschient werden. Die politische Gemeinde besorgte sämtliche Baustoffe, die Poppenhäuser den Transport. Die letzten Arbeiten fielen mitten in das Inflationsjahr 1923 und ausstehende Rechnungen mussten in Naturalien bezahlt werden. 1924 fand die feierliche Einweihung des neuen Kirchenbaus statt. 1929 bekam die Kirche Glocken, die allerdings während des Zweiten Weltkriegs 1941 wieder abgenommen und eingeschmolzen wurden.

Innengestaltung mit zeitgenössischer Kunst

Ortspfarrer Stanislaus Sack regte 1935 die Schaffung eines neuen Hochaltars an. Den Auftrag für eine Kreuzigungsgruppe aus Lindenholz, ebenso wie für einen Marienaltar, erhielt der in München lebende und aus Gamburg stammende Bildhauer Thomas Buscher (1860 - 1937). Pfarrer Sack selbst schnitzte die anbetenden Engel. Der Freiburger Künstler Franz Schilling (1879 - 1964), der unter anderem auch die Gemälde im Treppenhaus des Erzbischöflichen Ordinariats in Freiburg schuf, malte 1948 Gewölbe und Chorraum aus. Gezeigt wird das himmlische Jerusalem sowie darunter die Heiligen Notburga, Isidor, Kilian und Rita. Bezahlt wurde Schilling von der Pfarrgemeinde mit freiwilligen Geldspenden und Lebensmitteln. Der rechte Seitenaltar ist dem heiligen Josef geweiht. Er ist ein Werk des aus Unterwittighausen stammenden Künstlers Fritz Zipf (1908 - 1981). Der Marienaltar auf der linken Seite ist ebenfalls ein Werk von Thomas Buscher. 1984 stiftete der aus Poppenhausen stammende Pfarrer Karl Endres eine vom Würzburger Goldschmied Hans Fell geschaffene Schutzmantelmadonna. Sie wurde anlässlich der 800-Jahr-Feier des Dorfes vor der Kirche aufgestellt und vom damaligen Ortspfarrer Benno Emmert geweiht.

Renovierungen Ende des letzten Jahrhunderts

Unmittelbarer Anlass für die jüngste Renovierung der Martinskirche waren Putzschäden im Sockelbereich des Kircheninnenraums sowie starke Rissebildung an der Decke. Die Arbeiten begannen 2001 mit der Trockenlegung des äußeren Mauerwerks der Kirche. Ein wichtiger Aspekt der Renovierung war die Auffrischung und Erhaltung des Altarbildes aus den 1920er Jahren. Schließlich bekam der restliche Kirchenraum einen neuen Anstrich. Im neuen Jahrtausend erhielt St. Martin auch einen Eingang für Rollstuhlfahrer. Dazu wurde der im letzten Jahrhundert zugemauerte Haupteingang der ursprünglichen Kirche wieder geöffnet. Den Abschluss  der Kirchenrenovation in Poppenhausen bildete die Weihe eines neuen, vom Berliner Bildhauer Paul Brandenburg nach dem Motiv des Lebensbaumes geschaffenen Zelebrationsaltars durch Weihbischof Rainer Klug. Der Bildhauer gestaltete den Altarsockel aus Bronze und die Tischplatte aus heimischem Muschelkalk. Die Platte wird von den Ästen des Lebensbaumes getragen. Ein ähnliches Motiv findet sich in dem ebenfalls von Brandenburg geschaffenen Ambo. Ganz bewusst aber wurde der bisherige große und massive alte Altar der Kirche nicht abgebaut. Auch die Kommunionbänke blieben erhalten.
Die Neugestaltung verdankt Poppenhausen vor allem dem aus Zimmern stammenden Ortsgeistlichen Elmar Landwehr. Es gelang ihm, durch seine Beziehungen als ehemaliger Dekan in Freiburg namhafte Zuschüsse einzuholen. Der beliebte Seelsorger verstarb unerwartet im Jahr 2009.

Eine unbespielbare Orgel

Kein Glück hatte die Gemeinde 1927 mit dem Kauf einer gebrauchten pneumatischen Orgel. Das Instrument war sehr reparaturanfällig, funktionierte selten und wird heute nicht mehr bespielt. Zu Gottesdiensten erklingt von der Empore eine elektronische Orgel, die von Pfarrer Karl Endres 1982 gestiftet wurde.

Tipp: Ausführlichere Informationen zu den Kirchen erhalten Sie im "Wittighäuser Heft 10: Kirchen". Hier online anschauen oder Druckversion bestellen.